| Pressemeldung | Nr. 136

Kardinal Reinhard Marx zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel

„Medien existieren nicht für sich selbst, sondern Medien sind für den Menschen da.“

Am 10. September 2023 begeht die katholische Kirche in Deutschland den 57. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel. Wie in den vergangenen Jahren hat Papst Franziskus eine Botschaft veröffentlicht. Sie trägt den Titel: „Mit dem Herzen sprechen. ‚Von der Liebe geleitet, die Wahrheit bezeugen‘ (Eph 4,15)“. Zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel erklärt der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx (München und Freising):

Es ist eine große Qualität von Medien, dass sie dabei helfen, uns ein Bild der Wirklichkeit zu machen. Sie ermöglichen in Information und Orientierung, Austausch und Diskurs echte Kommunikation. Und Medien bestimmen wesentlich den Stil des Miteinanders in einer Gesellschaft.

Kommunikation ist ein Ausdruck des Menschseins. Sie gründet in unserer Beziehung zu anderen Menschen und ist die Grundlage von Gesellschaft. In unserer Gesellschaft tragen die Medien entscheidend zu einer gelingenden öffentlichen Kommunikation bei, wie sie auch Jürgen Habermas 2022 in seinem Buch Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit und die deliberative Politik beschrieben hat mit den Aspekten von „Reichweite“ und „deliberativer Qualität“: Denn sofern alle Beteiligen gleichberechtigt am Austausch von Argumenten teilhaben können, können wir zu einer Verständigung und Entscheidungsfindungen darüber gelangen, wie wir miteinander leben wollen.

Die Verwirklichung dieses Ideals von Kommunikation trägt dazu bei, in einer Gesellschaft wieder zusammenzufinden und zusammenzuhalten. Deshalb schätzt die Kirche die Bedeutung von gutem, freiem und pluralem Journalismus. Wir treten für Teilhabegerechtigkeit in der digitalen Medienwelt ein. Wir stärken die Fragen nach Sinn, Solidarität und Verantwortung als Bewertungs- und Deutungskriterien von Bewegtbild- und Audioformaten. Und es ist für die Kirche ein wichtiges Anliegen, sich für Medienkompetenz und Medienbildung zu engagieren.

Für Nutzerinnen und Nutzer können Medien auch die Chance bieten, ein Kommunikationsweg zu anderen Menschen zu sein. Medien existieren nicht für sich selbst, sondern Medien sind für den Menschen da. Sie können denen eine Stimme geben, die keine Stimme haben; durch Medien können wir andere Menschen und Perspektiven wahrnehmen und sie weiten im Idealfall den eigenen Horizont. Menschlicher Fortschritt geschieht auch durch Medien und Kommunikation.

Das ist das Idealbild, und wir sehen zugleich, dass dieser Anspruch nicht immer erreicht wird, sondern öffentliche Kommunikation auch zur Spaltung, zur Isolation und zu Konflikten beitragen und die Segmentierung der Gesellschaft verstärken kann. Gerade deshalb ist es wichtig, die Gestaltung und Nutzung von Medien zu reflektieren und sozialethische Kriterien und Werte als Orientierungsrahmen zu haben. Entscheidende Faktoren sind Transparenz und Teilhabe.

Das Wesen des Menschen liegt in der Freiheit begründet. Es gehört dazu, die Frage nach Wahrheit zu stellen, sich einbringen zu können, zu handeln und Gesellschaft mitzugestalten. Die Fähigkeit zur Reflexion, ethische Folgerungen ziehen zu können und darüber in Austausch zu treten, zu kommunizieren, unterscheidet uns wesentlich von Künstlicher Intelligenz (KI). Durch die faszinierenden Entwicklungen der KI erleben wir derzeit epochale Veränderungen auch in der medialen Kommunikation; Chatbots und Übersetzungs-Tools sind nur zwei Beispiele dafür. Die Chancen dieser Transformation liegen darin, dass sich durch KI neue Wege des Verstehens und der Kommunikationsassistenz eröffnen können.

Doch auch die Herausforderungen sind gegeben: die Simulation von menschlicher Intelligenz und Kommunikation kritisch zu reflektieren, den Beitrag zur menschlichen Freiheit als Kriterium aufrechtzuerhalten und die Frage nach der Authentizität von Kommunikation zu stellen. Aus der Veränderung der Kommunikationswege und -instrumente folgen ethische Fragen, weil auch hier alle Beteiligten, Menschen und Schöpfung, in den Blick zu nehmen sind: Welche Folgen hat der zunehmende Energiebedarf digitaler Kommunikation für den Klimaschutz? Wie gehen wir damit um, dass durch KI bestimmte Arbeitsplätze und Berufsfelder verloren gehen? Welche Gerechtigkeit erfahren z. B. die Clickworker im Globalen Süden? Wie schützen wir Daten und Rechte und letztlich die Würde des Menschen? Wie steht es um die Wahrheit inmitten neuer Manipulationsmöglichkeiten, Diskriminierungsgefahren und simuliert-menschlicher Kommunikation?

Die Botschaft von Papst Franziskus zum 57. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel trägt den Titel Mit dem Herzen sprechen. Sie stellt die Aufforderung in den Mittelpunkt, die jedem übertragen ist und für die besonders diejenigen in der Verantwortung stehen, die in der Kommunikation und Medienarbeit tätig sind: die „Wahrheit in Liebe zu sagen“, um uns gegenseitig zu behüten. Franz von Sales, der vor 100 Jahren zum Patron der Journalisten erklärt wurde, verkörpert diese Haltung in seinem Leitsatz, dass „das Herz zum Herzen spricht“. Es liegt in unserer Verantwortung, unserer Haltung in der heutigen Welt Ausdruck zu geben und menschlich zu kommunizieren – im wesentlichen Sinne. Davon hängt auch das Gelingen unserer Demokratie ab.


Hinweise:

Die Botschaft von Papst Franziskus zum 57. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel ist  auf der Themenseite Welttag der sozialen Kommunikationsmittel (Mediensonntag) verfügbar.

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